Mast in Gruppen

Eine Einzelhaltung, wie es früher auf vielen kleinen Bauernhöfen üblich war, gibt es in der professionellen Schweinemast nicht. Schweine sind soziale Tiere und eines ihrer Grundbedürfnisse ist Sozialkontakt. Mit drei Monaten und einem Gewicht von knapp über 30 Kilo kommen die jungen Schweine zu einem eigenen Mastbetrieb oder in einen anderen Stall am kombinierten Betrieb. Das bedeutet eine neue Zusammenstellung der Gruppen, was immer mit sozialen Konflikten verbunden ist. Die Schweine machen sich ihre Rangordnung aus. Das kann zu Kratzern und blutigen Verletzungen führen.

Temperatur-Regulierung mittels Belüftung

Die Körpertemperatur der Schweine heizt den Stall, beheizt wird meist nur beim Einstallen der Ferkel in der kalten Jahreszeit. Auch eine Klimaanlage für heiße Sommertage gibt es nicht. Wichtig ist ein gut funktionierendes Lüftungssystem - für die Temperatur und die Luftqualität. Stallfenster müssen vorhanden sein und Tageslicht ins Innere lassen. Ihre Mindestgröße ist gesetzlich geregelt, die Fensterfläche muss mindestens drei Prozent der Stallfläche ausmachen. 

Effizientes Haltungssystem

In der Standard-Schweinemast haben die Tiere üblicherweise keinen Auslauf. Schweineställe von professionellen Mastbetrieben sind so eingerichtet, dass der Bauer möglichst effizient arbeiten kann und die körperliche Belastung bei der Stallarbeit gering gehalten wird. Die Erträge pro Schwein sind gering, somit sind die Bauern auf hohe Tierzahlen angewiesen. Daher ist es wichtig, dass pro Tier möglichst wenig Arbeitszeit anfällt. Wenn man die gesamte Arbeitszeit eines Bauern während eines Mastdurchgangs auf ein einzelnes Schwein und dessen Aufenthalt am Betrieb herunterbricht, braucht er 20 bis 30 Minuten, um es zu mästen. In einem Betrieb mit 500 Mastplätzen fallen somit etwa 14 Arbeitsstunden pro Woche alleine im Stall an. Dazu kommt noch die Arbeit am Acker und organisatorische Tätigkeiten.

VOLLSPALTENBÖDEN UND BESCHÄFTIGUNGSMÖGLICHKEITEN

Konventionelle Schweine werden großteils auf Vollspaltenböden aus Beton, ohne Einstreu und ohne Auslauf gehalten. Das spart Platz und ein tägliches Ausmisten. Typische Verhaltensweisen wie Wühlen können die Schweine meist nicht ausleben. Wie das Beschäftigungsmaterial auszusehen hat, ist gesetzlich definiert. Bio-Schweinen muss ein befestigter Auslauf zur Verfügung stehen, Freilauf auf eine Weide ist nicht vorgeschrieben.

Der Kot der Schweine fällt auf einen harten Boden, der mit Spalten durchzogen ist. Wenn sie in der Box herumgehen, treten sie ihre eigenen Exkremente durch die Spalten. Diese fallen automatisch in den Güllekanal. Die Bauern müssen nicht mehr ausmisten, die Stallreinigung erfordert viel weniger Arbeitszeit. Hält man die Schweine wie in der Bio-Landwirtschaft auf Stroh oder lässt sie ins Freie, zeigen sie die Verhaltensweisen ihrer wilden Verwandten und Vorfahren. Die Schweine interessieren sich für ihre Umgebung und schaffen sich getrennte Bereiche zum Fressen, Koten und Liegen. Ob dieses natürliche Verhalten in der Standard-Haltung möglich ist, ist stark umstritten. Die Haltung auf Stroh oder gar im Freiland erfordert viel mehr Platz und Arbeit, das Schweinefleisch kostet entsprechend mehr.

 

Keine Futtersuche notwendig

Der steirische Tierarzt Wolfgang Schafzahl spricht im Filminterview mit Land schafft Leben an, dass die Schweine nicht wie ihre Vorfahren aufwändig nach Futter suchen müssen:  “Der Hauptjob der Schweine ist zu fressen und zu schlafen. (...) Unsere Hausschweine brauchen nicht nach Nahrung zu suchen.” Den Schweinen gehe es auch gut, ohne jeden Tag ein paar Kilometer zurückzulegen. Bei der Kritik an der Haltungsform wird immer wieder der Vergleich mit Hunden gemacht, nach dem Motto, wir würden unsere Hunde nie so halten wie die Schweine. Michael Hartl von der Tierrechtsorganisation United Creatures sagt, dass Schweine intelligenter als Hunde sind. Er vergleicht ihre Intelligenz sogar mit Schimpansen und Delfinen. Von uns befragte Schweinebauern legen Wert auf eine Unterscheidung zwischen Haus- und Nutztieren. Für Haustiere zahlt man, Nutztiere müssen im Gegensatz dazu Einnahmen bringen, sonst würde man sie gar nicht halten. Auch in der Standard-Haltung ist ein Beschäftigungsmaterial vorgeschrieben - Material, das die Schweine bekauen, untersuchen und bewegen können.  

 

Schwänze der Artgenossen werden interessant

Christine Leeb von der BOKU meint, dass die Schweine Dreiviertel jener Zeit, in der sie aktiv sind, etwas erkunden und sich beschäftigen möchten. Dieses Bedürfnis sei so stark, dass es sich, wenn es nicht ausgelebt werden kann, auf andere Aktivitäten umlege. “Die Schweine beginnen dann zum Beispiel am Boden oder im Futtertrog zu lecken oder verschiedene Körperteile anderer Schweine mit dem Rüssel zu bearbeiten.” Das betrifft laut Leeb die Schwänze, Ohren oder auch die Flanke von Artgenossen. Das könne zu leichten bis schweren Verletzungen und Infektionen führen. Christine Leeb ergänzt: “Das ist eine große Herausforderungen für Landwirte, die die Bedürfnisse der Schweine erfüllen wollen, aber in den bestehenden Systemen (Vollspaltenböden etc.) ist das sehr schwierig.” Am Vollspaltenboden blieben die Schweine zwar sauber, weil die Ausscheidungen durch die Spalten nach unten fielen, “andererseits haben sie ständig den Geruch der Fäkalien, die unter ihnen sind”, so Christine Leeb vom BOKU-Institut für Nutztierwissenschaften. 

Platz pro Schwein

Mastschweine sind in Gruppen zu halten. Die gesetzliche Mindestfläche richtet sich nach dem Gewicht der Tiere. Einem Ferkel bis 30 Kilo müssen 0,3 Quadratmeter zur Verfügung stehen, einem Mastschwein bis 110 Kilo 0,7 Quadratmeter und ab einem Gewicht von 110 Kilo muss ein Quadratmeter pro Schwein verfügbar sein. In der Bio-Haltung haben Mastschweine etwa dreimal so viel Platz, wenn man den Auslauf dazurechnet. 

Bio-Schweinemast

biomast | © Land schafft Leben, 2017

Bio-Schweine müssen zumindest Zugang zu einem befestigten Auslauf haben, Weidezugang ist nicht verpflichtend. Spaltenböden dürfen maximal die Hälfte des Stalles ausmachen. Wühlmaterial ist vorgeschrieben, meistens wird Stroh verwendet. Auch die Bio-Mindeststallfläche richtet sich nach dem Tiergewicht. Für ein Schwein bis 110 Kilo sind 1,3 Quadratmeter Stallfläche und ein Quadratmeter Auslauf vorgeschrieben, über 110 Kilo müssen mindestens 1,5 Quadratmeter Stallfläche und 1,2 Quadratmeter Auslauf pro Schwein zur Verfügung stehen. 

Freilandhaltung

freilandhaltung | © Land schafft Leben, 2017

Bilder von Schweinen auf der grünen Wiese und im Schlammbad, wie sie viele Konsumenten aus der Werbung kennen, sind die absolute Ausnahme. Auch Bio-Schweine haben meist einen befestigten Auslauf mit Stroh und keinen Weidezugang. Die Freilandhaltung bedeutet einen hohen finanziellen Aufwand, weil viel mehr Fläche benötigt wird. Der Boden wird durch die Schweine stark beansprucht, dadurch brauchen sie viel davon. Freilandhaltung ist auch nicht auf jedem Boden und in jeder Gegend möglich. Dazu kommt, dass Freilandschweine von Wildtieren mit Krankheiten angesteckt werden können. Unbestritten ist, dass die Schweine Verhaltensweisen wie die Umgebung zu Erkunden und im Schlamm zu Suhlen auf einer Weide am besten ausleben können. 

> Afrikanische Schweinepest nahe an österreichischer Grenze