Geschichte des Salzabbaus

Den Menschen und das Salz verbinden eine lange und besondere Historie. Vor allem in der österreichischen Geschichte spielt Salz eine wichtige Rolle. Bereits vor mehreren tausend Jahren bescherte die durch den damals hochaufwendigen Abbau sehr wertvolle Ressource den Menschen großen Reichtum. Salz ermöglichte ihnen außerdem überregionale Handelskontakte und bereicherte die Lebensqualität durch seine konservierende Wirkung auf Lebensmittel.

Salz konserviert dabei nicht nur Lebensmittel, sondern gewissermaßen auch die Geschichte selbst: Tausende (prä-)historische archäologische Fundstücke, die sich aufgrund des Salzes erhalten haben, geben uns heute Aufschluss über das Leben und Schaffen der Menschen während der letzten 7000 Jahre.

Video und Text für deinen Überblick über die spannende Geschichte des Salzes:

Überblick

Jungsteinzeit

Die Geschichte des Hallstätter Salzabbaus beginnt vermutlich bereits vor über 7000 Jahren. Ein Pickel aus Hirschgeweih, der im Salzberg gefunden wurde, deutet darauf hin, dass die Menschen hier schon in der Jungsteinzeit zumindest versuchten, Salz zu gewinnen. Im Bereich des Salzberges gefundene Steinbeile lassen ähnliche Schlüsse zu. „Wir erkennen bei gefundenen Objekten häufig am Stil, aus welcher Zeit sie stammen. Steinbeile gehören zum Beispiel ihrer Form und Fertigung nach in die Jungsteinzeit“, erklärt Kerstin Kowarik vom Naturhistorischen Museum Wien.

Bergbau der Bronzezeit (1390-1020 v. Chr.)

Ganz sicher ist der Salzbergbau in Hallstatt ab dem frühen 14. Jahrhundert vor Christus nachweisbar, also ab der mittleren Bronzezeit. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits drei große Schachtanlagen, die jeweils weit über 100 Meter tief waren. Die Gruben wurden als „Schachtbaue“ angelegt. Das bedeutet, dass von der Bergoberfläche ein Schacht vertikal in die Tiefe gebaut wurde. Immer dann, wenn man auf Salz stieß, errichtete man eine Abbauhalle.

Die bronzezeitlichen Bergleute gewannen das Salz im sogenannten trockenen Abbau: Mit Hilfe von Bronzepickeln schlugen sie tiefe parallele Rillen in den Berg, um die zwischen diesen Rillen liegenden Teile ausbrechen zu können. In der Bronzezeit wurde daher hauptsächlich kleinstückiges Salz gewonnen.

Die Bergleute sammelten das gebrochene Salz anschließend mit Holzschaufeln, Fülltrögen und Kratzern und transportierten es in Tragsäcken vom Abbauort zum Füllort. Hier füllten sie es in geeignete Behältnisse wie Wollsäcke um, um das Salz schließlich mit einem Seil durch den Schacht an die Oberfläche zu befördern. 

Das Ende des bronzezeitlichen Bergbaus

Bislang wurde kein Holzobjekt aus den Gruben der Bronzezeit gefunden, das nach 1063 vor Christus datiert. Nachweisbar ist Salzabbau dann erst wieder im 8. Jahrhundert vor Christus. Dass der Mensch ab dieser Zeit wieder in der Region um Hallstatt anwesend war, weiß man aufgrund von Umweltanalysen. Dazwischen besteht eine Lücke in der vermutlich kein Salz am Hallstätter Salzberg abgebaut wurde. Bislang geht man davon aus, dass der bronzezeitliche Bergbau durch Massenbewegungen verschüttet wurde, denn alle bekannten bronzezeitlichen Schächte sind mit Material von der Oberfläche – sogenanntem Tagmaterial – ausgefüllt.

Eisenzeit

900 vor Christus ist also wieder Bergbauaktivität im Salzberg nachweisbar – und wie! Die ältere Eisenzeit gilt als Blütezeit der Salzproduktion in Hallstatt und wird aufgrund der zahlreichen eisenzeitlichen Funde als Hallstattzeit bezeichnet. Das Salz bescherte dem Ort großen Reichtum und machte es zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum.

Was erstaunt, ist, dass sich der Abbau in der Eisenzeit vollkommen anders gestaltete als jener der Bronzezeit.  Zwischenformen oder Übergänge von der einen Epoche in die andere sind kaum zu erkennen, was wiederum die Frage aufwirft, ob zwischen 1300 und 900 vor Christus tatsächlich überhaupt kein Abbau betrieben wurde. Denn woher kam plötzlich der perfekt organisierte und voll entwickelte eisenzeitliche Bergbau? Eine mögliche Antwort lautet, dass der Abbau zwischenzeitlich an eine andere Stelle verlagert worden sein könnte, die bislang noch nicht entdeckt wurde. Denn heute ist nur ein geringer Teil des Salzberges archäologisch erschlossen und die Archäologinnen und Archäologen können nur dort arbeiten, wohin sie der moderne Bergbau im Zuge der Abbauarbeiten bringt.

Eine neue Strategie: Abbau mit Herz

Der hallstattzeitliche Bergbau unterschied sich bereits in der Anlage der Abbauhallen wesentlich von jenem der Bronzezeit: Man ging nun nicht mehr vertikal in die Tiefe, sondern legte horizontale Abbauhallen an, um so dem Verlauf der Salzadern im Berg zu folgen. Die Abbauhallen waren von einer enormen Dimension: Eine der bislang am besten erforschten Abbauhallen hat ein Volumen von etwa 15 sechsstöckigen Häusern.

Konkurrenz zu Hallstatt: der Dürrnberg

Im 6. Jahrhundert vor Christus nahm der zweite überregionale Salzproduzent des Ostalpenraumes seinen Betrieb auf: der Dürrnberg bei Hallein. Obwohl der Dürrnberg durch seine Lage am Alpenrand eher geeignet war, nationale und internationale wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen, war es doch Hallstatt, das früher mit dem Salzbergbau begonnen hatte.

Nichtsdestotrotz wurde auch am Dürrnberg in großem Stil Salz abgebaut: So wurden mehrere Gruben gleichzeitig betrieben, in denen vorsichtigen Schätzungen zufolge etwa 200 Bergleute ganzjährig arbeiteten.

Dass dies möglich war, ist vermutlich dem technologischen Fortschritt am Dürrnberg geschuldet: Von Beginn an arbeiteten die Bergleute hier mit dem neuen Material Eisen, aus dem sie Pickel für den Abbau fertigten. Auch die Abbautechnologie hatten sie beträchtlich weiterentwickelt: Der Abbau erfolgte etagenförmig und folgte einzelnen Salzlagen. Zwischendurch kann es immer wieder zu Unterbrechungen des Abbaus, die auf Wassereinbrüche zurückzuführen sind. Doch die Bewohnerinnen und Bewohner des Dürrnbergs ließen sich nicht beirren und nahmen den Betrieb immer und immer wieder auf. Eine Tatsache, die auf die große Wirtschaftskraft des Salzproduzenten hindeutet, die bis in die Spätlatènezeit – also kurz vor Christi Geburt – bestehen blieb.

Das plötzliche Ende des hallstattzeitlichen Bergbaus

Am nahe dem Salzberg gelegenen Steinbergkogel kam es im Laufe der Geschichte immer wieder zu Felsstürzen, die wiederum große Schuttströme auslösten. Ein solcher Schuttstrom erfasste und verschüttete Mitte des 4. Jahrhunderts vor Christus auch das Salzbergtal und seine Bergwerksanlagen. Was äußerst dramatisch anmutet, dürfte für die Bewohnerinnen und Bewohner des Tals aber nicht so verheerend gewesen sein, wie man meinen könnte: Höchstwahrscheinlich erkannten die Bergleute die gefährliche Situation nämlich rechtzeitig und konnten nicht nur sich selbst in Sicherheit bringen, sondern auch ihr Wissen rund um den Salzabbau. Diesen verlagerten sie auf die höher gelegene und damit vor weiteren Schuttströmen sichere Dammwiese. Das Ende des prähistorischen Salzabbaus war also noch nicht gekommen.

Ein Neuanfang in der jüngeren Eisenzeit

Mit der jüngeren Eisenzeit, die nach einem Fundort in der Schweiz auch als Latènezeit bezeichnet wird, brach in Mitteleuropa die letzte prähistorische Epoche an – und für die Hallstätter Bergleute mit ihrem Umzug auf die Dammwiese gleichzeitig ein neues Kapitel im Salzabbau.

Die Römer in Hallstatt

Kurz bevor die Römer nach Hallstatt kamen, ist für einige Zeit kaum menschlicher Einfluss rund um den Salzberg erkennbar. Im ersten Jahrhundert nach Christus entstand schließlich eine römische Siedlung im heutigen Hallstätter Ortsteil Lahn. Wie lange das Bergwerk bei der Dammwiese in Betrieb war, kann heute nicht mit Sicherheit gesagt werden, denn bislang existieren keinerlei Hinweise auf einen römischen Bergbau. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die eisenzeitliche Siedlung auf der Dammwiese und das Westgruppenrevier bis in die römische Zeit Bestand hatten, die Römer selbst sich dabei aber auf die Kontrolle des Salzhandels beschränkten und selbst nicht im Salzberg tätig waren. Möglich ist aber auch, dass die Römer in Hallstatt sehr wohl selbst Bergbau betrieben, man die römischen Bergwerke aber schlichtweg noch nicht entdeckt hat.

Mittelalter

So viel sich in Hallstatt aufgrund des Salzabbaus bis zum Mittelalter abgespielt hatte, so ruhig wurde es nun am Salzberg: Nach dem Abzug der Römer im Jahr 488 hatten die bayrischen Herzöge mit der Saline Berchtesgaden mehrere Jahrhunderte lang quasi eine Monopolstellung. Es gibt keinerlei archäologische oder andere historische Quellen, die eine Nutzung des Hallstätter Salzlagers zwischen dem 5. und dem 13. Jahrhundert belegen.  Ob Romanen, Bajuwaren und Slawen den prähistorischen Bergbau fortsetzten, ist bis heute nicht geklärt.

Salz spielte – wenn auch nicht in Hallstatt direkt – im Salzkammergut aber dennoch weiterhin eine große Rolle. Das weiß man unter anderem aus der „Raeffelstettner Zollordnung“. In dieser wurden die Zölle sowie die Waren, mit denen gehandelt wurden, festgehalten. Salz wurde einerseits als wichtiges Gut für den Eigengebrauch genannt, und andererseits mussten Schiffe der Ordnung zufolge in Linz ihren Zoll in Salz bezahlen. Ja richtig – Salz wurde aufgrund seines hohen Wertes sogar als Währung eingesetzt. In anderen historischen Dokumenten finden sich außerdem Hinweise auf salzhaltige Quellen, die Klöstern und Höfen zugeordnet waren, wie etwa die Saline Halltal bei Mariazell, Grauscharn bei Pürgg oder auch Altaussee.

Die mittelalterliche Salzproduktion

Im Mittelalter fand eine bedeutende Veränderung im Salzabbau statt: der Umstieg vom trockenen zum nassen Abbau. Man schlug das Salz nun nicht mehr aus dem Berg heraus, sondern holte es in Form von Sole aus dem Berg. Wann genau dieser Umbruch stattfand und wieso, weiß man allerdings bis heute nicht. Man geht jedoch davon aus, dass man im Früh- und beginnenden Hochmittelalter aus Gründen der Effizienz auf den nassen Abbau gewechselt hatte.

Salzabbau während der Habsburgermonarchie

Im ausgehenden 15. Jahrhundert wurde das Salzwesen auch immer wieder zur raschen Sanierung der Staatskasse verwendet: Der Salzberg wurde mehrmals verpachtet, was allerdings dem Zustand der Bergwerksanlagen schadete. Erst unter Kaiser Maximilian I. zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde der Salzberg wieder zur Gänze behördlich unterstellt. Welch wichtigen Stellenwert die Salzgewinnung zu dieser Zeit hatte, zeigt die Schaffung sogenannter „gewidmeter Täler“: Die Gemeinden dieser Täler durften überschüssige Lebensmittel ausschließlich ins Salzkammergut liefern. Das sollte die Versorgung der Region sicherstellen.

Der "Gosauzwang"

Bei der heutigen Gosaumühle musste die Sole auf ihrem Weg durch die Leitung nach Ebensee den Gosaubach queren. Dazu floss sie zunächst den Talhang hinunter, wurde über den Bach transportiert und musste anschließend unter Druck – „im Zwange“ – in der Leitung die Böschung auf der anderen Seite wieder hinaufbefördert werden, um ihren Weg nach Ebensee fortsetzen zu können. Diese Bachübersetzung nannte man „Gosauzwang“. Kaiser Franz Josef II. ordnete 1756 schließlich den Bau der Gosauzwangbrücke an, die die Sole seither über das Tal befördert.

Die Sonderstellung des Kammerguts

Hochtal Hallstätter Salzberg, historische Aufnahme  | © Naturhistorisches Museum Wien

Das Salzkammergut war immer schon ein schöner Platz zum Leben. Lange Zeit genoss die Region eine Reihe von Privilegien, die in der Habsburgermonarchie einmalig waren: Das Kammergut war von vielen Steuern und Abgaben, von militärischen Einquartierungen und von sämtlichen Kriegslasten und Landesauflagen befreit. Alle im Salzwesen tätigen Männer waren vom Militärdienst ausgeschlossen, es gab Heiratsprämien, Baugrundzuweisungen, Bauzuschüsse und Kranken- und Altenheime.

Der Salzabbau im 20. Jahrhundert

Die Anstellung im k. k. Staatsbetrieb war sehr beliebt. Anfang des 20. Jahrhunderts waren am Hallstätter Salzberg rund 250 Menschen beschäftigt, die in achtstündigen Gruben- und zwölfstündigen Tagschichten arbeiteten.

Der erste Weltkrieg brachte große Veränderung: Zunächst stieg die Nachfrage enorm an, um wenig später schließlich einzubrechen. Mehrere Sudhütten wurden aufgelassen und auch die Anzahl der zur Soleerzeugung genutzten Salzbergbaue wurde reduziert. 1926 richtete man den Schaubergwerksbetrieb ein.

Das Altausseer Salzbergwerk: ein spektakulärer Schauplatz der europäischen Kunstgeschichte

Zwischen 1943 und 1945 diente das Salzbergwerk in Altaussee als Lagerstätte für zahlreiche Kunst- und Kulturgüter, um sie vor Zerstörung während des Krieges zu schützen. Seine abgeschiedene Lage, die Sicherheit vor Luftangriffen und die idealen Lagerbedingungen machten es zur perfekten Lagerstätte für Gemälde, Skulpturen, Dokumente, Waffen, Bücher, Münzen und vieles mehr.

Der in Altaussee gelagerte Kunstschatz zählt zu den größten jemals an einem Ort gelagerten Sammlungen. Darunter befanden sich etwa Gemälde von Rubens, Rembrandt, Vermeer oder Bruegel. Gut ein Drittel davon war Raubkunst, die später im in Linz geplanten Führermuseum ausgestellt werden sollte. Es sollte das größte Museum aller Zeiten werden und sogar den Louvre in Paris übertreffen. Doch dazu kam es nie, denn als die Alliierten einrückten, ordnete Hitler mit seinem sogenannten „Nerobefehl“ die weitgehende Zerstörung der Infrastruktur in Teilen des Reichsgebietes an. Alles, was dem Feind zunutze sein könnte, sollte zerstört werden – darunter auch der immense Kunstschatz im Altausseer Bergwerk.

Zu diesem Zweck wurden acht je 500 Kilogramm schwere Fliegerbomben in das Bergwerk gebracht, um dieses zu sprengen. Diese waren zur Tarnung in große Kisten mit der Aufschrift „Vorsicht Marmor – nicht stürzen!“ verpackt. Doch die Bergleute bemerkten die Täuschung und konnten die Zerstörung des Bergwerkes vereiteln: In der Nacht von 3. auf 4. Mai 1945 brachten sie die Bomben aus dem Bergwerk, versteckten sie und sprengten lediglich die Eingänge zu. In den darauffolgenden Tagen wurden hunderte Kunstschätze von den Amerikanern sichergestellt. Viele blieben jedoch noch jahrelang im Bergwerk gelagert, denn die Ermittlung ihrer rechtmäßigen Besitzer sollte noch lange andauern. Nicht einmal heute ist dieser Prozess abgeschlossen: Immer wieder streiten sich Regierungen, Museen und Privatpersonen noch über Kunstwerke und darüber, wem sie denn nun wirklich gehören – was oft nur sehr schwer nachvollziehbar ist.

Die Weiterentwicklung der Abbauverfahren

Durch die technologische Weiterentwicklung ging ein seit vielen Jahrhunderten bestehendes und die Entwicklung des Ortes stark beeinflussendes Gewerbe zu Ende: 1964 wurde in Hallstatt zum allerletzten Mal Salz gesotten, wenig später begann die Gewinnung von Sole aus Bohrlöchern. Dies zog eine große Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Salzgewinnung nach sich: Personalressourcen konnten reduziert werden und auch hinsichtlich Anlagezeit, Durchsatzmenge und Sicherheit war das neue Verfahren den herkömmlichen weit überlegen.

Mit 1. Jänner 1979 wurde die „Österreichische Salinen AG“ (ÖSAG) als Gesellschaft mit eigener Rechtspolitik gegründet. Das Stammkapital betrug damals 330 Millionen Schilling, die Aktien befanden sich zu 100 Prozent in Bundesbesitz. Ein Jahr später wurde die seit 1955 bestehende Gondelbahn durch eine moderne Standseilbahn ersetzt, um dem steigenden Besucherandrang im Schaubergwerk gerecht zu werden.

Der Beitritt Österreichs zur EU beeinflusste das Salzwesen maßgeblich, denn für die Salinen bedeute dies den Wegfall ihrer Sonderstellung. 1997 wurde die ÖSAG an eine private Bietergruppe verkauft. Seitdem ist das seit 1311 mit wenigen Unterbrechungen als Staatsbetrieb geführte Unternehmen mit all seinen Bergbauen, der Saline, den Liegenschaften und den Tourismuseinrichtungen in privater Hand und gehört zum größten Teil der Androsch International Management Consulting GmbH und der Firma Invest Holding GmbH.

Prähistorische Funde und was wir von ihnen wissen

Archäologe, Archäologie | © Lamd schafft Leben

Salz hat eine konservierende Wirkung. Dieser Umstand macht es möglich, dass Archäologinnen und Archäologen im Hallstätter Salzberg eine Vielzahl prähistorischer Objekte finden konnten, die ihnen unter normalen Umständen verwehrt geblieben wären. Denn während sich Fundstücke aus prähistorischen Epochen im Normalfall auf Gegenstände aus unvergänglichen Materialien wie Stein, Knochen und Metall beschränken, hat das Salz alle Objekte, die im Hallstätter Salzberg vor mehreren tausend Jahren zurückgelassen worden waren, erhalten.

„Das ist eine ganz besondere Situation und sehr selten in der Archäologie“, erklärt Kerstin Kowarik, Forscherin am Naturhistorischen Museum Wien. „Dieser Umstand erlaubt uns Eiblicke in die Lebens- und Arbeitswelten, die sonst nahezu unmöglich sind.“ Diese weltweit fast einzigartige Situation macht Hallstatt zu einem der bedeutendsten archäologischen Plätze der Alten Welt, zumal es neben Hallein und Cherabad im Iran zu den drei einzigen bekannten prähistorischen Salzbergwerken überhaupt zählt. Nicht umsonst wurde die Phase der Eisenzeit von 800 bis 450 vor Christus sogar nach dem oberösterreichischen Bergmannsort benannt: die Hallstattzeit.  

Heidengebirge

Die prähistorischen Bergleute ließen alles zurück, was sich nicht mehr gebrauchen konnten, erklärt Kerstin Kowarik vom Naturhistorischen Museum Wien: „Wir fanden Untertage Dinge wie Teile von Pickelspitzen, Gerätestiele, Grubenhölzer, aber auch Transportsäcke aus Fell und aus Leder, Speisereste, Kochlöffel, selten auch Kleidungsstücke wie Fellkappen und Abermillionen von abgebrannten Leuchtstäben, die man verwendete, um Untertage Licht zu machen - also alles, was die Bergleute nicht mehr gebraucht und zurückgelassen haben.“ Diese Gegenstände blieben vermischt mit Salzstaub, Gips und Lehm im Bergwerk zurück und bilden den Betriebsabfall des Abbaus.  Dieses Gemisch wird „Heidengebirge“ genannt. All diese Fundstücke, die sozusagen der Betriebsabfall des Abbaus waren, haben sich nahezu perfekt erhalten und geben uns heute Aufschluss über beinahe alle Arbeitsschritte im prähistorischen Salzabbau. Ein weiterer Begriff ist das „Haselgebirge“: Es bezeichnet salzhaltiges Gestein, in dem neben Steinsalz auch Ton, Sandstein, Anhydrit und Gips vermengt sind.

Pickel aus Hirschgeweih

Hirschgeweihpickel, Salzabbau Jungsteinzeit  | © Naturhistorisches Museum Wien

Ein 7000 Jahre alter Pickel aus Hirschgeweih zählt zu den ältesten Fundstücken aus dem Hallstätter Salzberg. Er ist ein typisches Bergbaugerät und lässt vermuten, dass hier bereits während der Jungsteinzeit Menschen Salz abbauten. Einen sicheren Nachweis dafür gibt es aber noch nicht, denn nach heutigem archäologischem Kenntnisstand war das Salzkammergut vor 7000 Jahren noch kaum besiedelt. Tatsächlich nachweisbar ist Salzabbau erst viele Jahrhunderte später, in der mittleren Bronzezeit. Die ältesten Nachweise für Salzbergbau datieren in das frühe 14. Jahrhundert vor Christus.

Bronzezeitlicher Tragesack

Eisenzeitlicher brauner Tragesack | © Naturhistorisches Museum Wien

Die bronzezeitlichen Tragsäcke zählen zu den faszinierendsten Funden aus dem Hallstätter Salzberg, denn dank ihnen wissen wir heute viele Details über die Organisation des Bergbaus vor 3500 Jahren. Mit den Tragsäcken transportierten die Menschen das Salz innerhalb der Abbauhallen. Sie sind von hoher Funktionalität und können ausgeschüttet werden, ohne dabei vom Rücken genommen werden zu müssen. Nicht nur optisch haben sie viel mit unseren heutigen Rücksäcken gemeinsam: Der Tragegurt der Säcke ist längenverstellbar und kann genau auf die Körpergröße angepasst werden. Die Konstruktionsweise lässt auf eine strikte Arbeitsteilung und ein Streben nach hoher Effizienz im prähistorischen Bergbau schließen – immerhin konnten pro Tragesack bis zu 30 Kilogramm Salz transportiert werden. Die Menschen waren sich anscheinend schon in der Bronzezeit des Wertes des „weißen Goldes“ durchaus bewusst.

Holzstiege

Älteste Treppe Europas, Holzstiege aus Bronzezeit  | © Naturhistorisches Museum Wien

2003 entdeckte man die bislang älteste erhaltene Holzstiege Europas. Das weiß man, weil das Schlagdatum ihrer Hölzer mit Hilfe einer holztechnischen Auswertung jahrgenau auf 1143 v. Chr. bestimmt werden konnte. Die Stiege hat sich also über 3350 Jahre nahezu unversehrt erhalten, was sie in Kombination mit ihrer Konstruktionsweise zu einem vollkommen einzigartigen Fundstück macht. Die Stiege war in ihre Einzelteile zerlegbar, um transportiert werden zu können. Außerdem konnte man ihre Neigung verstellen und sie damit an die unterschiedlichen Gefälle im Berg anpassen. Damit nicht genug, war das technische Meisterwerk auch noch längenverstellbar und die Einzelteile im Falle eines Bruchs austauschbar.

Schuhe

Braune prähistorische Lederschuhe | © Naturhistorisches Museum Wien

Lederschuhe wie dieser, die im Salzberg gefunden wurden, geben Aufschluss über die Art und Weise, wie das Salz transportiert wurde, und darüber, wer diese Arbeit verrichtet hat. Oftmals sind die Schuhe nämlich nicht an Fersen und Zehen durchgescheuert, sondern in der Mitte, im Bereich des Fußgewölbes. Ein solches Abnutzungsmuster wird nur durch Leiter- oder Stiegensteigen hervorgerufen. Offensichtlich transportierten die Träger der Schuhe die Last – also Salz, Grubenholz, Brennholz oder Wasser – also über Leitern oder Stiegen in das Bergwerk hinein oder zu Tage.

Man sollte hier aber wohl besser von Trägerinnen sprechen, denn der Lastentransport war in der Eisenzeit Frauensache: Die geringe Größe der gefundenen Schuhe deutet darauf hin, dass diese Arbeit von Frauen und/oder Kindern und Jugendlichen verrichtet wurde. Untermauert wird diese Theorie durch Abnutzungsspuren, die an Skeletten im Friedhof der eisenzeitlichen Bergleute: Die Hallstätter Frauen zeigten starke Muskelmarken bei Muskeln, die für das Heben, Tragen oder Ziehen schwerer Lasten zuständig sind. Die Männer hingegen waren wohl für das Brechen des Salzes zuständig: Abnutzungsspuren an männlichen Skeletten weisen auf eine starke Beanspruchung der Muskulatur im Schulterbereich hin, wie sie durch das Brechen des Salzes mit einem Pickel verursacht werden kann. Ebenfalls aus Untersuchungen gefundener Skelette vermutet man, dass Kinder und Jugendliche innerhalb des Bergbaus für den Transport des Salzes zuständig waren.

Kochlöffel mit Speiseresten & menschliche Exkremente

Was den eisenzeitlichen Bergleuten die Kraft für das Brechen und Transportieren des Salzes gab, darüber geben uns Funde wie dieser Kochlöffel Auskunft. An ihm wurden nämlich mehrere tausend Jahre alte Speisereste gefunden. Was also aß man im eisenzeitlichen Bergwerk? Neben Rückständen von Nahrungsmitteln auf Kochlöffeln und Scherben von großen Tontöpfen helfen die Funde menschlicher Exkremente bei der Beantwortung dieser Frage. Gerste, Hirse und Ackerbohne wurden mit Schweine-, Schaf- und Ziegenfleisch gerne zu einem deftigen Eintopf verkocht, der in ähnlicher Form auch heute noch zu den typischen Gerichten des ostalpinen Raums zählt: dem „Ritschert“. Abgesehen davon dürften sich die Bewohner des Salzberges aber recht abwechslungsreich ernährt haben: Haselnussschalen, Obstkerne und Schachteln, in denen wahrscheinlich Käse aufbewahrt wurde, legen diesen Schluss nahe.

Textilien

Prähistorische Textilien ausgebreitet auf Tisch | © Land schafft Leben

Wenn man über prähistorische Textilfunde in Europa spricht, dann dürfen die Hallstätter Gewebe nicht fehlen: Über 500 Einzelgewebe erzählen über die Entwicklung der europäischen Textiltechnik und geben einen Einblick in das Leben der prähistorischen Bergleute.

Zwischen den bronze- und den eisenzeitlichen Stoffen lassen sich klare Unterschiede erkennen: In der Bronzezeit handelt es sich um „Werkstoffe, also Arbeitsmaterialien, die sich durch besondere Widerstandsfähigkeit auszeichnen. Mit Anbruch der Hallstattzeit, also der älteren Eisenzeit, liegen sehr feine Stoffe mit komplizierten Webmustern vor. Farbige, verzierte, karierte und gestreifte Gewebe erfreuten sich großer Beliebtheit. Schon damals hatten Textilien also nicht nur eine praktische Funktion als Kleidungsstück, sondern dienten auch der Repräsentation und Selbstdarstellung der Menschen – und passten damit gut zu den wohlhabenden eisenzeitlichen Bergleuten in Hallstatt.

Der „Mann im Salz“

Im Jahr 1734 machten Bergleute einen besonders aufregenden Fund im Hallstätter Salzberg: die Leiche eines Mannes. Bis zum Zeitpunkt seiner Entdeckung hatte sich der „Mann im Salz“ sehr gut erhalten, sogar seine Schuhe und Reste seiner Kleidung waren durch das Salz konserviert worden. Nach ihrer Entdeckung wurde die Salzmumie jedoch am Hallstätter Friedhof bestattet. Deshalb kann man heute nicht viel mehr über den spektakulären Fund sagen, als aus den Salinenakten vom Zeitpunkt des Fundes bekannt ist. Man kann aber mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass es sich bei dem „Mann im Salz“ um einen Menschen handelt, der während der Hallstattzeit, also der älteren Eisenzeit, gelebt hat. In den Salinenakten von 1734 ist außerdem vermerkt, dass der Körper in sogenanntem „tauben Gebirge“ gefunden wurde. Das weist darauf hin, dass er während des Betriebes in der Grube verschüttet worden war.

Schwert mit Elfenbeingriff und Bernsteineinlagen

Prähistorisches Schwert in drei Einzelteilen | © Land schafft Leben

Dieser kunstvoll gefertigte Schwertgriff aus Elfenbein mit Bernsteineinlagen wurde in einem der knapp 1500 freigelegten Gräber im Friedhof der Bergleute gefunden. Dieses Gräberfeld liegt in der Nähe der Bergbauzugänge in einem Hochtal etwa 400 Meter über dem Ort Hallstatt. Man geht davon aus, dass hier insgesamt 5000 bis 6000 Gräber liegen, die einen spannenden Einblick in die Bestattungssitten und das Leben der prähistorischen Bewohner des Salzberges und seiner Umgebung liefern. Der Schwertgriff etwa ist nur eine von zahlreichen kostbaren Grabbeigaben, die auf großen Wohlstand schließen lassen.

Weitere Funde

Der Reihe nach: menschliche Zähne, menschliche Knochen, Leuchtspäne, Seil aus Lindenbast, Bronzepickel, Eisenpickel aus dem Dürnberg, Surbecken für die Herstellung von Schinken.