Ohne Fremdarbeit keine Gurkerl für Herr und Frau Österreicher

Insbesondere die extrem zeitaufwändige und strapaziöse selektive Ernte der kleinen Gurkerl ist seit vielen Jahren ohne ausländische Erntehelfer undenkbar. Bei jedem Wetter liegen die Arbeiter dabei am so genannten Gurkenflieger und müssen schonend und zielgenau von Hand jede einzelne erntereife Gurke pflücken. Um den Saisonarbeitskräften die Erntezeit zu verlängern und damit finanziell attraktiver zu gestalten, bauen die meisten Gurkenbauern auch Erdbeeren an. Dadurch sind die Fremdarbeitskräfte bereits von Mai an, wo die Erdbeerernte beginnt, bis zum Ende der Gurkerlernte ca. Ende August im Einsatz. Meist sind es eingespielte ganze Erntepartien aus den osteuropäischen EU-Mitgliedsländern und ein gewisses Kontingent an Arbeitern aus Drittländern wie dem Kosovo oder der Ukraine. Während ihres Aufenthalts in Österreich obliegt es den Gurkerlbauern, neben einem im Kollektivvertrag geregelten Lohn, sowohl für deren Unterkunft als auch für Verpflegung zu sorgen. Efko-Geschäftsführer Klaus Hraby beziffert den Anteil der Aufwendungen für dieses Personal an den Gesamtkosten mit 50 bis 70 Prozent. Dass dieser Anteil so hoch ist, liegt vor allem an der spezifischen österreichischen Gesetzeslage, wonach auch Erntehelfer voll zu versichern sind. Im internationalen Vergleich bedeutet das für die heimischen Gurkerlbauern (und viele andere Obst- und Gemüseproduzenten) einen zusehends existenzbedrohenden Wettbewerbsnachteil, wie er vor allem im heurigen Jahr (2018) sichtbar wurde, wo die heimischen Bauern größte Probleme hatten überhaupt genug Personal zu finden.
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Die Gründe dafür sind schnell genannt: Waren bis vor einigen Jahren beispielsweise viele rumänische Saisoniers und Erntehelfer im Einsatz, so finden diese mehr und mehr bereits in ihrem Herkunftsland ähnlich „lukrative“ Jobs. Die boomende Baubranche bietet zudem zur Zeit längerfristige Jobaussichten und zieht daher nicht wenige Arbeitskräfte vom Agrarjobmarkt ab. Wer sich dennoch in diesem verdingt, findet neuerdings in Deutschland ein wesentlich attraktiveres Zielland. Weil unser großer Nachbar seit heuer einen Mindeststundenlohn von 9,50 Euro für landwirtschaftliche Hilfskräfte gesetzlich vorschreibt. Nur unfall-, nicht aber pensions- und sozialversichert, bleibt dem Saisonarbeiter im Vergleich zu Österreich mehr Netto vom Brutto. Hierzulande nämlich verdient ein Saisonier im Schnitt nur 6,50 Euro in der Stunde und ist dafür „voll versichert“, was ihm aber eher nur theoretischen Benefit einträgt, weil er zwar beispielsweise in die Pensionsvorsorge einzahlt, aber in der Praxis keine Pensionsansprüche geltend wird machen können. Seinen Arbeitgeber jedenfalls kostet er mit durchschnittlichen Lohnkosten von 13 Euro pro Stunde deutlich mehr als in Deutschland.
Klaus Eschlböck, der für Efko die Gurkerlproduzenten berät und selbst Landwirt ist, sagt im Filminterview, dass das sich zuspitzende Personalproblem eine echte Bedrohung für den Obst- und Gemüse-Produktionsstandort Österreich im Allgemeinen und für die Gurkerlbauer im Eferdinger Becken im Speziellen darstellt. Entsprechend verunsichert blicken seine Standeskollegen in die Zukunft. Diese könnte aber für die Gurkerlbauern in absehbarer Zeit spezielle Erntemaschinen bringen, die das Personalproblem zumindest lindern würden. Es werde bereits recht intensiv daran gearbeitet und Eschlböck geht davon aus, dass entsprechende Geräte in zehn Jahren einsatzbereit sind.