Ökologische Aspekte von Gurken

Eine (fast) ganzjährige Gurkenproduktion in Österreich ist nur im Glashaus möglich. Doch wie ökologisch nachhaltig ist diese Anbauform? Gibt es Alternativen?

Das Glashaus als Energiefresser?

gurke glashaus | © Land schafft Leben, 2018

Klimatisch bedingt ist eine (fast) ganzjährige Gurkenproduktion in Österreich nur im Glashaus möglich. Mit dem Hinweis, dass diese von Konsumentinnen und Konsumenten gewünscht wird, werden ökologische Vorbehalte gegen die Glashausproduktion seit vielen Jahren hintangestellt. Fakt ist, dass damit, wie Pflanzenforscher Wolfgang Palme sagt, die Gurke außerhalb ihres saisonalen Zeitraumes kultiviert und zu Höchstleistungen getrimmt wird. Palme spricht in diesem Zusammenhang von “pflanzengemäßem Wuchs” in Anlehnung an die viel diskutierte “artgerechte Haltung” bei den Nutztieren. Darauf könne im Glashaus keine Rücksicht genommen werden, weil man entsprechende Abläufe so effizient und Erntemengen so hoch wie möglich halten müsse, um konkurrenzfähig zu sein. Anders ist es im saisonal geführten Foliengewächshaus, wo nicht das ganze Jahr über dieselbe Kultur in Produktion steht, sondern ein Fruchtwechsel unabdingbar ist, will man den Boden nachhaltig fruchtbar erhalten. Der Energieeinsatz im Glashaus ist dabei vor allem in den kälteren Monaten erheblich. Das Glashaus muss außerhalb der pflanzengemäßen Saison stark beheizt werden. Energiekosten fallen aber auch bei der Produktion der notwendigen Mineraldünger an. Als wenig nachhaltig kritisiert wird auch der Einsatz von Substraten aus Kokosfaser und noch stärker jener aus Steinwolle, welche als Sondermüll entsorgt werden müssen. Diese Substrate, worin die Pflanzen wurzeln können, dienen quasi als Ersatz für den Mutterboden.

Low-Input-Gurkenanbau als ökologische Alternative in der Direktvermarktung

gurke folientunnel | © Land schafft Leben, 2018

Wolfgang Palme, Pionier in der Gemüseanbau-Forschung arbeitet an der Außenstelle der HBLFA Schönbrunn am Zinsenhof an ökologischeren Alternativen zur intensiven Glashausproduktion. Den entscheidenden Ansatz, um auch ökonomisch interessant zu sein, sieht er in der Verlängerung der Erntezeit mithilfe eines Anbauverfahrens, mit dem wesentlich früher in die Saison gestartet werden kann als bisher angenommen. Es handelt sich dabei um Anbausysteme, die laut Palme “im echten Sinn des Wortes saisonal, regional, ressourcenschonend und nachhaltig sind” und mit dem Schlagwort “Low-Input-Gemüsebau” überschrieben werden können. Er setzt dabei auf das traditionelle “Mistbeetsystem” im unbeheizten Folientunnel. Der Erfolg beruht darauf, mit rein organischen Mitteln die Muttererde und damit auch das ganze Anbausystem zu erwärmen und so früher in den Anbau und Ertrag zu kommen. Um diesen Heiz-Effekt zu erzielen wird eine Mischung aus Mist und zusätzlichem organischen Material in aufgeschüttete Erde eingearbeitet. Durch die derart angeregten mikrobiellen Prozesse im Erdreich entstehen hohe Temperaturen, die auf den ganzen Folientunnel ausstrahlen. Frische Gurken können in diesem System bereits Mitte Mai geerntet werden. So könnten auch Klein- und Mittelbetriebe, die wirtschaftlich zunehmend unter Druck geraten, Produkte mit einer Geschichte anbieten, die sich aus der austauschbaren Massenware herausheben und gleichzeitig vielfältig und biologisch sind.

Kaum Bio bei Salatgurken – warum?

gurke bio | © Land schafft Leben, 2018

Warum es im großen Stil keinen Bio-Gurkenabau in Österreich gibt, ist nicht in zwei Sätzen erklärt. Ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren ist dafür verantwortlich. Fritz Rauer ist der Obmann der österreichischen Gemüsebauern. Zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten zur Gurke kultiviert Fritz im südsteirischen Bad Blumau unter anderem auch konventionelle Gurken im so genannten Folientunnel. Seine Pflanzen wurzeln im Mutterboden, gegen schädliche Spinnmilben setzt er Raubmilben ein, also biologische Gegenspieler. Selbst die Düngung erfolgt weitgehend organisch, wäre also mit biologischen Richtlinien vereinbar. Auf die Frage, was ihm denn nun auf Bio noch fehle, meint er: die Mehltau-Bekämpfung. Diese sei mit rein biologischen Mitteln ein zu gewagtes Spiel. Die zu befürchtenden Ernteertragseinbußen auch aufgrund der unter biologischen Anbaubedingungen kürzeren Erntezeit seien ihm ein zu großes ökonomisches Risiko. Die ökologische Nachhaltigkeit wird hier also von der ökonomischen begrenzt.

Kaum Bio bei Gurkerln – warum?

gurke folientunnel | © Land schafft Leben, 2018

Bei den allermeisten Lebensmitteln haben Konsumentinnen und Konsumenten in mitteleuropäischen Supermärkten die Wahl zwischen konventionellen und Bio-Produkten. Bei Einlegegurken, also den “Gurkerln”, ist das nicht so. Es gibt in den Regalen meist Gurkerl aus Österreich oder Deutschland, und das nur aus konventioneller Landwirtschaft. Das hat zwei Gründe:

Zum einen ist der Bio-Gurkerlanbau besonders schwierig, weil die Pflanzen sensibel sind und nur mit Bio-Pflanzenschutz die Erträge viel geringer wären und sogar die Gefahr von Totalausfällen besteht. Zweitens ist die Nachfrage nicht so groß oder der Konsumentenwunsch zu leise, als dass eine Bio-Gurkerlproduktion bereits begonnen worden wäre. Bio-Gurkerl gibt es derzeit nur in kleinem Maßstab in der Direktvermarktung.