Saatgut und Sorten

Am häufigsten verwendete Sorten

Welche Sorte ein Gemüseerzeuger anbaut hängt in erster Linie von der späteren Verwendung ab, ob sie zu Tiefkühlgemüse oder Saft werden oder als Frischkarotten zum Konsumenten kommen. Letztere müssen beispielsweise besonders lagerfähig sein und einen hohen Zuckergehalt haben. Man unterscheidet verschiedene Karottentypen, zu denen jeweils mehrere Sorten gehören.

Der Karottentyp Nantes ist der am häufigsten verwendete im Anbau österreichischer Frischkarotten. Für Verarbeitungskarotten werden neben Nantes die Typen Flakkee und Berlicum angebaut. Karotten des Typs Nantes haben einen gleichmäßigen Durchmesser und eine abgerundete Spitze. Sie eignen sich daher am besten für den Verkauf als Frischkarotten. Außerhalb Europas ist Imperator ein gefragter Karottentyp. Imperator-Karotten sind weniger abgerundet und am unteren Ende merklich spitzer als Nantes-Karotten. Insgesamt sind in Österreich 15 bis 20 Sorten für den Anbau von Bedeutung.

HYBRID-SAATGUT VON INTERNATIONALEN ZÜCHTERN

Wie bei vielen Lebensmitteln liegt die Züchtung von Karotten längst nicht mehr in der Hand von Bauern oder heimischen Züchtern. Vorteil der hochgradigen Spezialisierung in diesem Bereich ist, dass Zuchtziele wie ein einheitliches Saatgut und eine gleichmäßige Größe der Karotten erreicht werden können.

 

Die Vorgehensweise bei der Hybrid-Züchtung ist komplex, eine spezielle Methode der Inzucht kommt zur Anwendung. Jene Karotten-Generation mit den gewünschten Eigenschaften wird als Saatgut verkauft. Die Vorfahren und potenzielle Nachkommen dieser Karotten weisen diese Eigenschaften nicht in dem Ausmaß auf. Diesen Effekt nennt man Heterosis-Effekt. Hochkomplexe Züchtung verbindet man vielleicht mit dem Begriff Gentechnik. Gentechnisch veränderte Karotten gibt es aber keine. Die Saatgutproduktion selbst erfolgt relativ naturnah. Männliche und weibliche Linien werden am selben Feld ausgesät. Blühen beide gleichzeitig, vermehren sie sich. Das Saatgut ist Hybrid und bringt beim ersten Anbau in der Praxis den gewünschten Heterosis-Effekt. Würden die Bauern das Hybridsaatgut selbst vermehren, würden die Karotten der darauffolgenden Generation wieder die Eigenschaften der Großeltern aufweisen.

 

Herkunft der Genetik nicht geregelt

Verwendet ein Gemüseerzeuger Hybridsaatgut, was mit Ausnahme weniger Direktvermarkter alle machen, muss er für jede einzelne Karotte ein Samenkorn in die Erde legen, das ein internationales Zuchtunternehmen hergestellt hat. Weder das AMA-Gütesiegel noch die EU-Bio-Verordnung schränken die Herkunft der Samenkörner ein oder verbieten Hybrid-Saatgut. Der weltweit zweitwichtigste Gemüsesaatguthersteller ist HM.Clause, ein internationales Unternehmen mit Sitz in Frankreich und Tochterunternehmen der französischen Group Limagrain. HM.Clause arbeitet mit 2.800 Mitarbeitern in 30 Ländern und verkauft sein Saatgut weltweit. Das Unternehmen züchtet und produziert Saatgut. Den Vertrieb in Österreich führt das Unternehmen Seed & Plant durch. Die Züchtung findet auf verschiedenen Kontinenten statt, um die Genetik an die je nach Region unterschiedlichen Bedingungen anzupassen. Gezüchtet wird etwa in Frankreich, Australien und Neuseeland.

 

Weniger Pestizide durch Züchtung

Die Ziele bei der Züchtung sind vielfältig. Verschiedene Zuchtziele gleichzeitig zu erreichen ist eine große Herausforderung. Das erklärt, warum wenige spezialisierte Unternehmen den Weltmarkt dominieren. Die Zuchtziele beziehen sich auf die Eigenschaften Form, Farbe, Geschmack und Zuckergehalt, Bruchfestigkeit, Lagerfähigkeit, Ernteerträge und Resistenz gegen Schaderreger. Ist eine Karottensorte gegen einen Schaderreger schon genetisch resistent, muss der Bauer die Pflanzen weniger dagegen schützen, braucht also mitunter weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Sortentests führen sowohl die Züchter selbst als auch Handelsvertreter und Forschungsanstalten wie in Wies und Schönbrunn durch. Die Gemüsebauern testen, ob die jeweilige Sorte zu Böden, Klima und Anbausystem auf ihren Feldern passen. 

SAATGUT MIT PESTIZIDEN VORBEHANDELT

Konventionelle Karottenerzeuger verwenden nur Saatgut, das vor dem Ausbringen auf das Feld gebeizt wurde. Als “Beizen” bezeichnet man das Aufbringen eines chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittels auf die Oberfläche der Samenkörner, um Schadorganismen im Boden an der Zerstörung der Samenkörner und der Keimlinge zu hindern.  


Spezialisierte Unternehmen führen das Beizen durch. Eine Färbung soll erkennbar machen, ob ein Saatgut gebeizt wurde. Zum Beispiel kann Rot bedeuten, dass die Samenkörner mit Insektiziden und Fungiziden gebeizt sind. Insektizide schützen die frisch aufgegangenen Keimlinge vor der Möhrenfliege, wenn diese im April zum ersten Mal fliegt. Fungizide bewahren die jungen Keimlinge vor dem Befall von Keimlings- und Bodenpilzen. In der Bio-Landwirtschaft ist das Beizen verboten, Bio verbietet generell chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Umweltschutzorganisationen kritisieren, dass bereits das Saatgut mit Pestiziden behandelt wird. Saatguthersteller weisen auf die Effizienz dieser Methode, die bereits das Saatgut schützt, hin. 

Großhandel

Kriterien beim Einkauf

Mann steht vor Plastiksäcken mit Karotten | © Land schafft Leben

Großhändler beliefern sämtliche Einrichtungen des Außer-Haus-Konsums, also Hotels, Restaurants, Schulen, Krankenhäuser, Altersheime, Kantinen, Gefängnisse und viele mehr. Karotten sind eines von vielen Lebensmitteln, die die aufwändige Logistikkette von Großhandelsbetrieben durchlaufen. Laut dem oberösterreichischen Unternehmen Kröswang sind Tiefkühlkarotten das gefragteste Karottenprodukt in diesem Bereich. In den Großküchen muss es schnell gehen, die Karotten sind bereits vom Verarbeitungsbetrieb gewürfelt oder in Streifen oder zu Babykarotten geschnitten. Auch Frischkarotten sind gefragt, ob geschnitten und geschält oder ungeschält in Fünf-Kilo-Packungen. Frische Karotten bezieht Kröswang hauptsächlich aus Österreich, geschnittene küchenfertige Frischkarotten hauptsächlich aus Bayern. Vor allem bei Tiefkühlkarotten steht der Preis im Vordergrund. Kröswang bezieht diese so wie die meisten Großhändler aus dem EU-Land, in dem die definierte Qualität gerade am günstigsten ist, etwa aus Belgien. Teilweise sind die Tiefkühlkarotten auch aus Österreich. 

Logistik

Lastwägen vor Lagerhalle mit Aufschrift "Frische bringt's" | © Land schafft Leben

Der Großhändler Kröswang lagert Frischkarotten zwei bis vier Tage bei 4 Grad oder verkauft sie innerhalb von 24 Stunden weiter. Tiefkühlkarotten liegen für gewöhnlich zwei bis vier Wochen bei minus 20 Grad im Lager. Ein zentraler Bestandteil der Dienstleistung eines Großhändlers ist, dass er viele verschiedene Lebensmittel auf Lager hat und diese auf Kundenwunsch kombinieren kann. 

Konsum

Die Menge an erzeugten Karotten ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Den Grad der Eigenversorgung zeigen die Zahlen dennoch. Einer Produktionsmenge von rund 93.841 Tonnen Karotten steht eine im Inland verwendete Menge von 99.914 Tonnen gegenüber. Ergibt einen Selbstversorgungsgrad von 94 Prozent. Das bedeutet aber nicht, dass wir Österreicher zu 94 Prozent heimische Karotten essen. Während 17.504 Tonnen importiert werden, gehen 11.431 Tonnen in den Export.

Typisches Winter-, Suppen- und Tiefkühlgemüse

Karotten sind das ganze Jahr über aus Österreich verfügbar. Während der Erntesaison von Juni bis November gibt es frisch geerntete Karotten. In den restlichen Monaten kommen sie aus den Lagerbeständen. Ihre gute Lagerfähigkeit machte die Karotte zum Ganzjahresgemüse. Die größte Nachfrage besteht im Winter, wenn viele Österreicher aus Karotten eine Karottensuppe machen oder sie in eine andere Suppe geben. Der Großhändler Kröswang setzt nach eigenen Angaben zwei Drittel des Tiefkühlgemüses in der kalten Jahreszeit um.