Eine Gesamtbetrachtung der heimischen Tomatenproduktion hinsichtlich ihres ökologischen Fußabdrucks erscheint äußerst schwierig bis unmöglich. Zu unterschiedlich sind hier die in Betracht kommenden Bewertungskriterien zwischen der (beinah) ganzjährigen Produktion im beheizten Glashaus und dem geschützten Anbau im kalten oder beheizten Folientunnel im Mutterboden. Freilandanbau spielt zwar im privaten, nicht aber im Erwerbsanbau, eine nennenswerte Rolle und wird daher hier nicht eigens behandelt.
Die Tomatenproduktion in Europa und den angrenzenden Mittelmeerstaaten Nordafrikas, von Marokko über Spanien, findet zu 90 Prozent im Glashaus statt. Drei Viertel der Produzenten verwenden das “Holland-System”, d.h. hohe Räume, voll automatisiert und erdelose Kulturführung. In Österreich ist dies zwar ähnlich, wobei der Anteil jener Tomatenproduzenten, welche noch in Erde kultivieren - hauptsächlich in der Steiermark und dem Burgenland - höher liegt. Die bei weitem überwiegende Menge an Tomaten heimischer Produktion kommt aber ebenfalls aus beheizten erdelosen Glashäusern.
Ökologischer Fußabdruck - der Vergleich macht sicher?

Eine im Jahr 2008 durchgeführte Vergleichsstudie über den ökologischen Fußabdruck zwischen den verschiedenen Produktionssystemen innerhalb Österreichs und jenen der wichtigsten Importländer Spanien und Italien kam zu überraschenden und kontroversiell diskutierten Ergebnissen. Die Autorin Michaela Theurl fasste eine ihrer wichtigsten Erkenntnisse wie folgt zusammen: “Der durchschnittliche Österreicher ist sich nicht bewusst, dass eine in Wien-Simmering gezogene Tomate 2,5 bis drei Mal so viel Kohlendioxid freisetzt wie eine aus Almería, einfach weil sie aus einem beheizten Glashaus stammt”, wobei der Transport der spanischen Tomate bereits eingerechnet sei.
Zu ähnlichen Schlüssen kommt eine Studie von Team Global. Demnach betrage der CO2-Ausstoß in Gramm pro Kilo Tomaten nach Anbauart:
- Konventioneller Anbau im heimischen beheizten Gewächshaus außerhalb der Saison: 9300
- Ökologischer Anbau im heimischen beheizten Gewächshaus außerhalb der Saison: 9200
- Flugware von den Kanaren: 7200
- Konventioneller Anbau im nicht beheizten Gewächshaus: 2300
- Freilandtomaten aus Spanien: 600 (inklusive Transport nach Österreich/Deutschland)
- Konventioneller Anbau in der Region während der Saison: 85
- Ökologischer Anbau in der Region während der Saison: 35
Problematisch in diesem Zusammenhang erscheint der Umstand, dass in der Praxis zur Hauptsaison im Supermarktregal Tomaten aus heimischen Glashäusern von solchen aus Folientunneln für den Konsumenten nur schwer oder gar nicht unterscheidbar sind. Nur die Auslobung als biologisch produzierte Ware garantiert die Herkunft aus erdgebundener Kulturführung.
Ökologischer Fußabdruck - der Vergleich hinkt?
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Mit Zahlen über den vergleichenden CO2 Ausstoß konfrontiert, gaben uns Thomas Mayer und Peter Kainz, die Betreiber eines großen heimischen Glashauses zur Antwort, dass darin erstens nicht alle rein ökologisch relevanten Faktoren einberechnet seien. So etwa bliebe die gängige Praxis in Almería/Spanien, die Folien für die Gewächshäuser alljährlich zu verbrennen ebenso wenig berücksichtigt wie der Umstand, dass im extrem niederschlagsarmen Andalusien Wasser über hunderte Kilometer aus nördlicheren Regionen Spaniens zugeleitet werden müsse. Außerdem müsse man klar zwischen Ressourcen schonender, ökologisch gewonnener Energie, wie sie im heimischen Glashausanbau mehr oder weniger Standard sei und Energie aus fossilen Quellen unterscheiden.
Zweitens und noch wichtiger aus ihrer Sicht: Bei einseitiger Fokussierung auf rein ökologische Parameter blieben andere Nachhaltigkeitsaspekte, welche eindeutig für eine heimische Tomatenproduktion sprächen, außen vor. So vor allem die wesentlich besseren Sozialstandards im heimischen Anbau verbunden mit einem lückenlosen Kontrollwesen. Hier hinke die südländische Produktion nach wie vor weit hinterher. Insbesondere hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes. Etwa im Zusammenhang mit der Ausbringung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Diese sei im Süden insgesamt viel mehr Thema, weil hier der Schädlingsdruck rein klimatisch wesentlich höher sei und die Produktion zum großen Teil nicht im geschlossenen Glashaus stattfinde. Was aus ihrer Sicht neuerlich ein Argument für die heimische Produktion ist.
Ökologischer Fußabdruck - der Gewinner ist?

Fakt bleibt, dass eine beinahe bis tatsächlich ganzjährige Tomatenproduktion ökologische Nachteile hat. Letzterer hat sich ein österreichisches Unternehmen verschrieben, weshalb es jetzt auch mitten im Winter österreichische Tomaten im Handel gibt. Da für ein Kilogramm Tomaten, das während der kalten Monate produziert wird, ein Vielfaches an klimaschädlichen Treibhausgasen freigesetzt wird wie beim Anbau in der Region während der Saison.
Genau dieses ökologische Plus hält sich die heimische regionale und saisonale Produktion im kalten bzw. moderat geheizten Folientunnel zugute. Ökologisch zweifellos am besten ist es, Tomaten dann zu essen, wenn sie Saison haben, also im Folientunnel und nicht im Gewächshaus angebaut werden können und auch nicht aus anderen Ländern importiert werden müssen. Für Tomaten ist die Hauptsaison in Österreich übrigens ca. von Juli bis Oktober, wobei Schwankungen von mehreren Wochen zwischen einzelnen Jahren aufgrund günstiger bzw. ungünstiger Witterungsbedingungen vorkommen können.
Diesem ökologischen Plus steht jedenfalls ein ökonomisches Minus dieser Anbauform gegenüber.