Alles über Zucker, Zuckerarten, Süßungsmittel und Salz

20.06.2018 / Ernährung & Gesundheit

Wie viel Zucker darf’s denn sein? Soll ich Zucker ersetzen? Und ist nachsalzen erlaubt?  Diese und viele weitere Fragen wurden auf dem diesjährigen Frühjahrssymposium der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) thematisiert, indem zuckersüße Einblicke in die aktuelle Studienlage gewährt und über Mengenempfehlungen und Optimierungsstrategien diskutiert wurde. Ich habe gespannt den Worten der 13 Referentinnen und Referenten aus den Bereichen Medizin und Wissenschaft gelauscht und bekam interessante Antworten!

Laut dem österreichischen Ernährungsbericht 2017 essen Österreicher zu viel Zucker, zu viel Salz und zu viel Fett. ÖGE-Präsident Univ. Prof. Mag. Dr. Karl-Heinz Wagner eröffnete die Veranstaltung mit einem Überblick über die Welt der Kohlenhydrate. Nicht neu, aber immer wieder betonenswert ist die Tatsache, dass uns süße Getränke nicht gut tun. Egal ob Gewichtszunahme, Karies oder ein erhöhtes Diabetesrisiko – Leitungswasser ist und bleibt für den täglichen Durst einfach konkurrenzlos, bestätigt Univ. Prof. Dr. Cem Ekmekcioglu. Limos stehen bei Alt und Jung dennoch hoch im Kurs – Gegenmaßnahmen wie eine allgemeine Zuckersteuer, welche unlängst in Großbritannien eingeführt wurde, oder Werbebeschränkungen werden allerdings kontrovers diskutiert. Zucker in industriellen Lebensmitteln zu reduzieren, sollte aber laut Univ. Prof. Mag. Dr. Ibrahim Elmadfa allenfalls forciert werden, denn je höher der Zuckergehalt eines Lebensmittels ist, umso niedriger ist der Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen. „Zucker ist wortwörtlich in aller Munde – aber hoffentlich bald weniger“, so Fr. Dr. Alexandra Wolf von der AGES.

 

Zucker ist wortwörtlich in aller Munde – aber hoffentlich bald weniger

Dr. Alexandra Wolf, AGES

 

Insbesondere Kinderlebensmittel enthalten meist hohe Zuckermengen – ca. 4,5 Stück Würfelzucker findet man beispielsweise in einer kleinen Portion Frühstücksflakes oder in einem „Quetschi“. Aber Zucker ist nicht gleich Zucker. Schauen wir uns beispielsweise die Fructose bzw. den Fruchtzucker genauer an. Und zwar nicht jenen, der natürlicherweise das Obst süß schmecken lässt, sondern die sogenannte Isoglucose, auch als Maissirup, Glucose-Fructose-Sirup oder high fructose corn siurp bekannt – immer häufiger enthalten in Getränken, Milchprodukten und Süßigkeiten. Isoglucose ist eine massive Challenge für unsere Leber – ein Zuviel lässt sie verfetten, eine nicht alkohol-bedingte Fettleber entstehen und das Diabetesrisiko steigen. 

Alles Geschmackssache?

Säuglinge und Kleinkinder präferieren bereits von Geburt an den Geschmack süß, obwohl auch sauer, salzig und bitter angeboren wären. Für alle Mamas und Papas ist es daher wichtig zu wissen, dass sie ihren Schützlingen vor allem in den ersten beiden Lebensjahren so viele unterschiedliche Lebensmittel und damit Geschmacksrichtungen wie nur möglich anbieten sollten – und das trotz Ablehnung immer wieder – um Lebensmittelpräferenzen positiv zu beeinflussen. Unter anderem als Vorbeugung vor einseitiger Ernährung und Übergewicht. 

Vor allem in den ersten beiden Lebensjahren so viele unterschiedliche Lebensmittel und damit Geschmacksrichtungen wie nur möglich anbieten – und das trotz Ablehnung immer wieder!

Das mit dem Geschmack ist aber generell so eine Sache: man kann uns anhand der Anzahl und Dichte der Geschmacksknospen auf unserer Zunge in sogenannte Taster, Non-Taster und Super-Taster unterscheiden, so Mag. Dr. Marlies Wallner. Non-Taster schmecken Geschmäcker wie süß, salzig und fettig weniger intensiv und essen daher mehr davon, um zum selben Genuss zu gelangen als Taster, also jene, die einen durchschnittlichen Geschmackssinn haben. Ein Super-Taster lebt aber nicht automatisch gesünder: nimmt man Geschmäcker besonders intensiv wahr, lässt man auch eher die Finger von bitterem Gemüse oder saurem Obst.  Männer sind übrigens häufiger Non-Taster als Frauen. 

Was macht Zucker mit unserem Gehirn?

Unsere mentale Gesundheit korreliert mit unserem Zuckerkonsum. Menschen mit Depressionen weisen häufig einen hohen Zuckerkonsum auf, während ein hoher Zuckerkonsum eine vorhandene Depression verstärken kann. „Sugar is a drug“ hört und liest man immer wieder - von einer richtigen Zuckersucht kann man laut Prim. Dr. Christine Tretter allerdings nur äußert selten sprechen, da Zuckerkonsum per se nicht die notwendigen Kriterien eines Abhängigkeitssyndroms erfüllt. Dass uns Schokolade aber bekanntlich glücklich macht, ist nicht weit hergeholt – Zucker aktiviert durch die Stimulierung unseres Belohnungszentrums im Gehirn die Dopaminausschüttung, was uns zumindest kurzfristig entspannen lässt.

Was bedeutet eigentlich „zuckerreduziert“?

Die Welt des Zuckers ist unübersichtlich geworden. Obwohl Begriffe wie „zuckerarm“, „zuckerfrei“, „zuckerreduziert“ und „ohne Zuckerzusatz“ seit 2010 gesetzlich klar definiert sind, führen sie beim Konsumenten nicht selten zu einem großen Fragezeichen. Ein Lebensmittel darf beispielsweise nur als „zuckerreduziert“ bezeichnet werden, wenn der Zuckergehalt um mindestens 30 Prozent zu einem Vergleichslebensmittel reduziert wurde. Diese Aussage sei laut Dr. Andreas Natterer aus juristischer Sicht aber unklar –  wer definiert, was ein Vergleichslebensmittel ist?

 

Zuckerkonsum erfüllt per se nicht die notwendigen Kriterien eines Abhängigkeitssyndroms

Und dass das Reduzieren von Zucker in Lebensmitteln gar nicht so einfach ist, zeigt DI Alfred Mar von der Internationalen Gesellschaft für Getreidewissenschaft und – technologie: In Backwaren brauchen wir Zucker nicht nur für den verführerischen Geschmack – er stellt auch ein Nährmedium für die Backhefe dar, stabilisiert Eiweiß (man denke an Biskuitteig) und sorgt für Haltbarkeit. Experimente mit alternativen Süßungsmitteln wie Süßstoffen oder Zuckeraustauschstoffen scheitern meist oder erfordern aufwändigste Rezepturveränderungen. Das bestätigt auch Prof. Dr. Regine Schönlechner, denn beim Reduzieren von Zucker müssen wir Einbußen in der Konsistenz und dem Geschmack in Kauf nehmen. Ein cremiges Eis wäre mit weniger Zucker viel weniger cremig. Um trotzdem die oben erwähnte 30 prozentige Zuckerreduktion zu erhalten, gibt uns Mar einen simplen Tipp: Einfach 30 Prozent weniger vom Originalprodukt essen – und das dafür bei vollem Genuss!

30 prozentige Zuckerreduktion in der Rezeptur? Besser 30 Prozent weniger vom Originalprodukt essen

Auf Geld kann man verzichten, auf Salz nicht

Damit eröffnete Ass. Prof. Dr. Petra Rust ihren Vortrag und verdeutlichte dessen Notwendigkeit für unseren Körper – 0,5 bis 1 Gramm täglich benötigen wir. Da wird aber fast 10 mal so viel zu uns nehmen, gibt es auch in diesem Punkt bereits (inter)nationale Bestrebungen zur Reduktion. Brot stellt übrigens durchschnittlich mit einem Viertel des täglichen Salzkonsums die größte Salzquelle dar. Wobei es bei dem einem oder anderen sicherlich eher das 5 cm dicke Wurst- oder Käsetopping ist …

Resumee:

Nach diesen ganzen Eindrücken weiß ich einmal mehr: Zucker darf nicht als Bösewicht abgestempelt werden und muss durch nichts ersetzt werden – er darf uns sogar ganz bewusst und ohne schlechtes Gewissen den Tag versüßen. Das Thema Zucker wird mich aber noch weiterhin sehr beschäftigen – hast du Fragen rund um Zucker und Süßungsmittel? Dann schreib uns doch einfach!

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