Unfaire Handels-Praktiken?

20.04.2018 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion

Unser Gastblogger und Bio-Obstbauer Fitz Prem macht sich so seine eigenen Gedanken zu den jüngst kolportierten Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene, die Position des "schwächsten Gliedes" in der Wertschöpfungskette, des Bauern, gegenüber den mächtigen Handelsriesen zu verbessern und diesen vor unfairen Praktiken zu schützen. Fritz kann da aus eigener Erfahrung einiges einbringen und plädiert für "mehr Professionalität" auf beiden Seiten...

Die EU-Kommission sendet einen Richtlinienvorschlag in Begutachtung, der unlautere Handelspraktiken im Lebensmittelhandel verbieten soll und bei Nichteinhaltung spürbare Sanktionen ermöglicht.

Irgend etwas scheint da in der Vergangenheit schief gelaufen zu sein. Auf der einen Seite hat sich der LEH in einer noch nie da gewesenen Dichte konzentriert. Auf der anderen Seite haben Lieferanten und Lieferantengruppen beinahe in einer Naivität oder auch nur im guten Glauben dabei zugesehen. In diesem Falle waren die Lieferanten in bester Gesellschaft – auch die Wettbewerbshüter haben diese Entwicklung so nicht vorhergesehen.

Auf der einen Seite hat sich der LEH in einer noch nie da gewesenen Dichte konzentriert...

 

Mit der Verschiebung der Marktbedeutung ist auch eine Verschiebung der Macht einhergegangen. Lieferanten und Verkäufer haben mit jeder Lieferung ihres Produktes Stück für Stück den Teil ihrer Macht beim Kunden mit abgeliefert.

Ich habe als Zuseher live miterlebt, wie Einkäufer begonnen haben, ihre neu gewonnene Macht auszuleben. Zum Grundrepetoire eines Einkäufers gehörte das Abhängig-Machen des Lieferanten vom Kunden. Danach folgte die laufende Drohung des sofortigen „Aus-Listens“ aus der Lieferantenliste, falls der Lieferant nicht „spurt“. Um nicht den Hauptkunden zu verlieren, krümmte und wand sich der Lieferant in die gewünschte Richtung.

Je größer das Angebot ein und desselben Produktes am Markt wurde, desto frecher die Forderungen des Einkäufers. Er hatte nichts zu verlieren – er konnte ja aus dem Vollen schöpfen und durch zeitweiliges Auslisten seinen Forderungen Nachdruck verleihen.

Fairness - oft ein Fremdwort im Lebensmittelbusiness?

 

In weiterer Folge sind die Zahlungsziele für verderbliche Produkte im gegenseitigen Wettbewerb der Lieferanten dramatisch in die Länge gezogen worden. Sogenannte „freiwillige“ Rücknahmen unverkaufter Produkte durch den Lieferanten oder kurzfristige Storno konnten oft als ungeschriebenes Recht etabliert werden.

Beiträge zu Marketingmaßnahmen von eigenen Handelsmarken der Handelsketten, Werbekosten-Beiträge oder generelle Beiträge zu Jubiläen oder Filialeröffnungen listen die EU-Beamten weiter auf.

Je cholerischer oder frecher der Einkäufer war, desto schneller konnte die Verschiebung der Handelsmacht umgesetzt werden.

Wenn ich mir dies alles so ansehe, dann passt da etwas nicht zusammen. Auf der einen Seite haben Lieferanten Scheibe für Scheibe ihre Macht beim Kunden abgeliefert – dies bewusst, unbewusst oder aus purer Naivität.

Jetzt soll die viel geschmähte hohe Politik die Spielregeln reglementieren und sogar über Beschwerdestellen sanktionieren.

Hand aufs Herz: Ein kleines Stück mehr Professionalität auf beiden Seiten würde diesen Schritt erübrigen.

 

Dieser Beitrag von Fritz Prem erschien zuerst auf www.fruchtportal.de