Le Tour de Farm: Mit dem Rad quer durch Österreich

01.06.2022 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Lebensraum & Nachhaltigkeit, Essen & bewusster Konsum

Mit dem Rad von Tirol nach Wien, das wär doch was? Der erste Gedanke zu einer Reise, die mir noch länger in Erinnerung bleiben wird. Eine Reise, in der ich Österreich in einer ganz besonderen Art und Weise kennenlernen durfte. Denn ich habe mich während meiner 6-tägigen Reise vom Goldenen Dachl in Innsbruck bis zum Stephansdom in Wien ausschließlich von regionalen Produkten ernährt. Außerdem durfte ich bei unzähligen landwirtschaftlichen Betrieben einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Tag 1

Wie alles begann? Mit einer einfachen E-Mail an Land schafft Leben. Dies war der berühmte Stein, der alles ins Rollen brachte. Gut zwei Monate später, nachdem ich die E-Mail gesendet hatte, saß ich schon bei leichtem Schneetreiben am Rad, auf dem Weg von Innsbruck bis nach Ellmau. Entlang vom Inn ging es flott zu meinem ersten Stopp, dem Milchviehbetrieb Köchler und von dort weiter zum Biohof Lumperer. Unterschiedlicher könnten zwei Betriebe nicht sein, aber beiden konnte man die Begeisterung für ihren Beruf und die Lebensmittelproduktion aus dem Strahlen ihrer Augen ablesen, wenn sie über ihren Betrieb oder ihre Produkte erzählten. Nachdem mein Drahtesel mit Köstlichkeiten aus Fritzens bepackt worden war, radelte ich zwar schwerer, aber dafür mit reichlich Proviant weiter Richtung Wörgl und von dort nach Ellmau. Die wunderschöne Landschaft der Tiroler Berge war an diesem Tag durch Schneefall etwas getrübt, jedoch liebe ich als Tiroler auch diese Facetten. Durch die Gastfreundschaft von einem alten Schulkollegen Matthias konnte ich mich stärken und ausruhen, bevor wir am nächsten Tag zusammen bis nach St. Johann radelten.

Tag 2

Von St. Johann fuhr ich dann alleine über Lofer Richtung Deutschland und von dort weiter nach Wals. In der berühmten Gemüseregion des Salzburger Flachgaus fand ich auch schnell einen Bauern, der mich mit frischen Produkten versorgte. Auch hier war die Begeisterung über eine solche Radltour groß und nach einem kurzen Fotoshooting ging es weiter nach Elixhausen, zu meiner alten Schule HBLA Ursprung. Nach einem schnellen Stopp ging es schon weiter zur Molkerei Woerle. Um pünktlich anzukommen, holte ich noch die letzten Reserven aus meinen Waden und wurde dafür mit Butter- und Käsebrot vor der Molkerei verköstigt. Dieser Tag war vermutlich einer der schönsten und anstrengendsten dieser Tour – das dachte ich zumindest. Unterschlupf fand ich wiederum bei einem alten Schulkollegen Peter, in dessen Küche ich meine „Kochkünste“ ausprobieren konnte.

Tag 3

Um 8:00 Uhr ging es weiter: Ich bin von Henndorf am Wallersee zum Milchviehbetrieb von Johann Konrad in Pfaffing geradelt. Bei meiner Ankunft kam Johann Konrad bereits winkend auf mich zu. Zur Stärkung gab es ein Glas Milch und Verköstigung für den weiteren Weg. Mein Navi lotste mich weiter zur Traun, wo meine mobile „Küche“ zum ersten Mal zum Einsatz kam. Nach einer kulinarischen Stärkung ging es weiter zum Milchviehbetrieb mit Direktvermarktung Niedermair-Auer in Lambach. Nach der kurzen Führung folgte ein leckeres Joghurt zur Stärkung. Währenddessen suchte mir Lisa, die Betriebsführerin, weitere interessante Betriebe, die ich den kommenden Tagen bzw. am selben Tag noch besichtigen konnte. Es folgt ein kurzer Zwischenstopp bei Riedlbauer Sabine, die einen Schweinebetrieb besitzt. Sie macht bei dem Programm „meinSCHWEIN“ mit. Das Prinzip dahinter lautet wie folgt: Kundinnen und Kunden erhalten die Möglichkeit, sich ein eigenes Schwein als Ferkel kaufen zu können. Sowohl die Haltung, Fütterung als auch die Pflege des Schweines können beeinflusst und im Stall beobachtet werden. Nach der Besichtigung rief dann mein Bett nach mir.

Tag 4

Die Zeit verging wie im Flug und schon stand Tag 4 auf dem Programm. Nach der Kürbiskernölpresse der Familie Roitner in Krengelbach ging es weiter zum Obsthof Schiefermüller, wo ich mit reichhaltigen Apfelprodukten beladen wurde. Diese zwei jungen und motivierten Familien bestachen durch ihren Optimismus und ihre Leidenschaft, ein Produkt zu kreieren, worauf sie stolz sein können. Aber weiter im Text bzw. weiter am Rad – die Strecke radelt sich bekanntlich nicht von selbst. Der Donau entlang ging es an diesem Tag bis nach Ybbs. Da mein Proviant zu dieser Zeit bereits aufgebraucht war, musste ein Bauernladen her. Gar nicht so einfach einen Bauernladen in der Nähe der Donau aufzuspüren, aber dem Handy sei Dank fand ich den Bauernladen der Familie Heilos. Obwohl der Laden offiziell schon geschlossen war, öffnete mir die Bäuerin freundlicherweise und ließ mich am reichhaltigen Sortiment bedienen. Das Abendessen schmeckte an diesem Tag natürlich besonders gut.

Tag 5

Erster Halt an Tag 5 war Haubis in Petzenkirchen und nach eigenen Mohnstriezelformversuchen ging es in die Produktionsräumlichkeiten des großen Bäckereiunternehmens. Stolz mit dem selbstgeformten Mohnstriezel unter dem Arm ging die Tour dann weiter nach Schönbühel, um den Betrieb der Familie Bitter zu besichtigen. Neugierige Mutterkühe, saftige Wiesen und ein köstlicher Most sind mir da in Erinnerung geblieben. Die letzte Nacht der Tour verbrachte ich in Traismauern, wo ich sogleich den Herd anschmiss und die Rinderbratwürste und Fleischknödel der Familie Bitter zu meinem Abendessen zauberte. Ich kann nur eins sagen: Himmlisch.

Tag 6

Die Zeit vergeht im Nu, wenn man sie genießt und schon stand meine letzte Tour auf dem Programm. Im leichten Regen näherte sich mein Ziel bzw. ich mich meinem Ziel und ehe ich mich versah, stand ich schon inmitten der Menschenmassen des Wiener Städtetourismus. Noch einen letzten Stopp bei der Wiener Bezirksimkerei hatte ich eingeplant – mitten im Herzen Wiens. Kurze Zeit später befand ich mich mit einer Imkereimeisterin und einer Praktikantin auf dem Dach eines Hochhauses und vor uns standen 5 summende Bienenstöcke. Nach einer Verkostung und der geduldigen Beantwortung meiner vielen Fragen waren es noch gut 2 Minuten mit dem Fahrrad zu meinem Ziel, dem Stephansdom. 

Eindrücke und Erfahrungen

Nach einer solchen Reise, die vollbepackt war mit Besichtigungen und Tageskilometer, habe ich noch einmal alles Erlebte Revue passieren lassen. Mir sind vor allem drei Dinge im Kopf hängen geblieben, die ich auf meiner Reise jeden Tag aufs Neue erleben durfte. Zum einen waren es die Leute, die ich auf meiner Reise treffen und kennenlernen durfte sowie ihre unterschiedlichen Betriebe. Jeder war unterschiedlich, keiner war so wie der andere und so auch die Betriebe, aber alle hatten eine Sache gemeinsam: Sie leiten ihre Betriebe aus Leidenschaft. Diese Leidenschaft spiegelt sich auch in den wertvollen Produkten wider, welche diese Betriebe tagtäglich für uns Österreichinnen und Österreicher produzieren. Diese Lebensmittel sind die zweite Sache, die mir so in Erinnerung geblieben ist. Stolz wurden sie mir präsentiert und mein Rad wurde dadurch meist immer schwerer und schwerer, aber sie haben mich mehr oder weniger ans Ziel gebracht. Genau diese Lebensmittel gaben mir die Kraft, jeden Tag so viel zu radeln, ohne sie hätte ich mir die ganze Reise „abschminken“ können. Und wenn man Menschen und Lebensmittelproduktion miteinander kombiniert, so entsteht eine Kulturlandschaft, die dritte Sache, die mir so im Gedächtnis hängen geblieben ist. Wir sind in Österreich mit dieser Landschaft wirklich privilegiert und es kommen nicht ohne Grund so viele Touristen zu uns. Mit dem Rad erlebt man die Landschaft ganz anders, als mit anderen Transportmitteln.

Ich möchte diesen Blogartikel noch einmal nutzen, um mich bei jenen Menschen zu bedanken, die mich auf der Reise so toll unterstützt haben. Vielen Dank an alle Betriebsführerinnen und Betriebsführer, die bereit waren, ihre Türen zu öffnen und mich mit offenen Armen empfangen haben. Ein großer Dank gilt auch dem Team von Land schafft Leben für den Einsatz und Unterstützung, aber vor allem die Inspiration, diese Tour in solch einer Form durchzuziehen.

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